Überleben ist eine Herzensangelegenheit.
Eine „fast“ unglaubliche Geschichte aus Hagen.
21. März 2018
Eigentlich war es ein Tag wie jeder andere für den selbstständigen Immobilienkaufmann. Zunächst hatte er alleine in einem leer stehenden Gewerbeobjekt gearbeitet, „in dem mich so schnell niemand gefunden hätte“, und sich dann auf den Weg nach Hause gemacht, „wo ich auch mehrere Stunden allein gewesen wäre“. Doch an einer roten Ampel entschloss sich Joachim Martini kurzfristig, am nächsten Kiosk noch etwas was einzukaufen. Dort traf er einen Bekannten und bot diesem an, ihn nach Hause zu fahren. „Das war schon ein unglaublicher Zufall, dass ich nicht allein im Auto war, als es passierte“, blickt der 51-Jährige zurück. Denn schon wenige Meter weiter lief Joachim Martini plötzlich blau an und sackte während der Fahrt bewusstlos in sich zusammen. Glück im Unglück: Martinis SUV verfügt über einen Notbremsassistenten, sodass sein Auto sofort und automatisch anhielt und Schlimmeres verhinderte. Nochmal Glück im Unglück war, dass diese Situation eine andere Autofahrerin beobachtete, die sofort und richtig handelte. Gemeinsam mit Martinis Beifahrer bargen sie ihn aus dem Fahrzeug und begannen mit der einer Herzdruckmassage (s. weitere Informationen dazu unter „Stichwort Laienreanimation“), bis der Rettungswagen den Patienten ins Herzkatheterlabor des AGAPLESION ALLGEMEINEN KRANKENHAUSES HAGEN bringen konnte.
Dort stellte sich heraus, „dass Herr Martini einen Gefäßverschluss der rechten Herzarterie, die die Hinterwand des Herzens versorgt, erlitten hatte. Dies kann sehr plötzlich geschehen und endet, wenn große Anteile des Herzmuskels betroffen sind, leider sehr oft tödlich“, weiß Prof. Dr. med. Peter Weismüller, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am AKH. Grund dafür ist häufig eine unbemerkte Arterienverkalkung, bei der durch Veränderungen des Blutdrucks z.B. bei Aufregung oder Anstrengung ein Riss in den Ablagerungen auftreten kann. „Es gibt beispielsweise Studien, nach denen das Infarktrisiko beim Zuschauen von Fußballspielen um 50 Prozent steigt“, illustriert Weismüller die Gefahr. Durch den Riss tritt im Gefäß eine sogenannte Fremdoberfläche zutage, bei der der eigene Körper eine vermeintliche Blutung stoppen will und den Gerinnungsvorgang auslöst. Dieser führt dazu, dass sich ein Blutgerinnsel bildet, welches das Gefäß dann verschließt. „Dies kann auch bei jüngeren Patienten auftreten, die nur wenig Veränderungen am Herzkranzgefäßsystem haben, und bei denen der Herzinfarkt quasi ohne Vorwarnung auftritt“, so Prof. Weismüller weiter.
Bei Joachim Martini waren vermutlich zu hohe Cholesterinwerte Auslöser der Arterienverkalkung welche den Herzinfarkt auslösten. Doch durch das schnellen Eingreifen und der sofortigen Reanimation durch die Ersthelfer pumpte nicht nur sein Herz mechanisch weiter, auch der Blutfluss im Gehirn wurde weiter aufrechterhalten. Dies ist entscheidend, denn der Prozess des Zelltodes beginnt bei Gehirnzellen bereits nach 5 Minuten ohne Sauerstoff, bei Herzmuskelzellen erst nach 15 Minuten. Wieder zum Glück für Martini: „Ich kann mich zwar an nichts mehr erinnern, bis ich auf der Intensivstation des AKH wieder zu mir gekommen bin, aber heute geht es mir gut – meinem Herzen und meinem Kopf“, kann er bei allem Ernst der Sache mittlerweile auch ein wenig schmunzeln.
Im AKH-Herzkatheterlabor hatten die Herzspezialisten vor Ort zuvor das verschlossene Gefäß wieder eröffnet, das Gerinnsel beseitigt und so die Durchblutung per Stent wieder sichergestellt – bereits eine halbe Stunde, nachdem der Patient eingeliefert worden war. Lediglich eine winzige Narbe am Handgelenk ist von dem Eingriff übriggeblieben, denn dieser wird im AKH fast ausschließlich über die Handgelenksarterie durchgeführt. „Dies beschleunigt den Heilungsverlauf nach dem Eingriff und ist zudem patientenschonend“, erläutert Prof. Weismüller die Methode. Nach fünf Tagen konnte Joachim Martini das Krankenhaus wieder verlassen und entschied sich eine Reha zu machen und seine Lebensgewohnheiten zu ändern. Er treibt jetzt regelmäßig Sport und hat seine Ernährung umgestellt. Aber: „Gefühlt verzichte ich auf nichts, bin fitter als vor dem Infarkt und muss zugeben: Die Lebensqualität ist gestiegen!“, resümiert Joachim Martini heute. Prof. Weismüller weiß, dass dies genau die Risikofaktoren sind, die es zu eliminieren oder am besten schon präventiv zu beachten gilt: „Auf die Blutfettwerte achten, sich entsprechend ernähren, ggf. Erkrankungen wie Diabetes optimal einstellen sowie natürlich nicht rauchen und das Übergewicht reduzieren“, zählt der Experte auf.
Aber einmal im Jahr, „da werde ich mit meinen Lebensrettern feiern“, ist sich Joachim Martini sicher. Immer am 15. November, seinem zweiten Geburtstag. Denn das ist ihm eine echte Herzensangelegenheit.
Weitere Informationen
Stichwort Laienreanimation
Wie das Beispiel von Joachim Martini zeigt, kann es jeden immer und überall treffen: Ein Herzinfarkt ist lebensbedrohlich, über 64.000 Menschen außerhalb eines Krankenhauses sterben jedes Jahr in Deutschland am sogenannten Plötzlichen Herztod. Doch häufig kann eine sogenannte „Laienreanimation“ von Freunden, Kollegen oder auch zufällig vorbeikommenden Passanten Leben retten. Dabei kann der Retter nichts falsch machen, denn „etwas zu tun ist besser als nichts zu tun“, weiß Jens Schilling vom Projekt „Laienreanimation kann jeder“ aus Hagen. Rippen brechen ist so zum Beispiel ausdrücklich erlaubt, „denn die heilen wieder“, wie auch Joachim Martini aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Nach aktuellem Stand beginnt eine Reanimation zunächst ausschließlich mit der Herzdruckmassage, „die in einem Rhythmus von mindestens 100x/Minute durchgeführt werden sollte“, erläutert der Fachmann weiter. „Summen Sie sich am besten „Stayin‘ alive“ von den Bee Gees vor“, lautet sein Tipp. Der Grund: Bei einem Herzinfarkt reicht der Sauerstoff im Blut noch aus, um den Körper und insbesondere das Gehirn noch mehrere Minuten zu versorgen. „Erst nach 5 Minuten kann man mit der Beatmung im Verhältnis 30 zu 2 beginnen. Wer dies nicht möchte oder nicht sicher in der Umsetzung ist, sollte einfach die Herzdruckmassage weiterführen“, so Schilling weiter.
Grundsätzlich gilt im Ernstfall das Schema „Prüfen – Rufen – Drücken“
- Prüfen Sie, ob die Person ansprechbar ist. Atmet sie nicht normal oder gar nicht, ist das Leben akut in Gefahr.
- Rufen Sie den Notruf oder fordern Sie eine andere Person nachdrücklich dazu auf, dies zu übernehmen.
- Drücken Sie: Damit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes keine wertvolle Zeit ungenutzt verstreicht, beginnen Sie sofort mit der Herzdruckmassage, um damit den lebenswichtigen Blutkreislauf aufrecht zu erhalten. Dazu 100 bis 120 Mal pro Minute in der Mitte des Brustbeins tief drücken. Die Überlebenschance wird dadurch verdreifacht.
Quelle: Pressetext Maren Esser Agaplesion gGmbH
Weitere Informationen über das Agaplesion Allgemeine Krankenhaus Hagen finden Sie im Internet unter: www.akh-hagen.de